Erschienen 1896
in
Jugend, Münchner Illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben, 1. Jahrgang Heft Nr. 8
Hith Verlag München
Während der Erzähler auf seinen Zug wartet trifft er auf einen Fremden. Dieser erzählt ihm, daß er die letzten zwei Jahre im Irrenhaus verbracht hat. In den Wahnsinn trieb ihn die Finsternis.
In die Öffentlichkeit trat ich mit einer kleinen Erzählung : „Finsternis“. Auch sie beruhte auf einem Erlebnis. Im Sommer des Jahres 1894 hatte ich mich obdachlos und ohne Geld im Schwarzwald herumgetrieben und mich eines Abends in der Nähe des Titisees im tiefen Wald verirrt; die Dunkelheit brach ein, völlige Schwärze umgab mich, in wachsender Angst, die pathologisch war und sich zum Gefühl der Todesgefahr steigerte, suchte ich einen Ausweg aus dem Grauen, denn mich einfach ins Moos zu werfen und den Anbruch des Tages abzuwarten, getraute ich mich nicht, die qualvollen Gesichte, die mir aus der Finsternis entgegentraten, ließen keine vernünftige Überlegung mehr zu. Dies und nichts weiter schilderte ich, nicht ganz ohne poetische Kraft, aber ohne Erhöhung, und daher blieb die Darstellung etwas plan und nüchtern. Unter Erhöhung verstehe ich die Loslösung vom Zufällig-Persönlichen und Privaten, die Versinnlichung auf einer andern Basis als der der gegebenen Wirklichkeit; jedoch davon ahnte ich zu jener Zeit noch wenig.
Jakob Wassermann 1933 in seinen Selbstbetrachtungen