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25.4.1896, Simplicissimus, 1. Jahrgang Heft Nr. 4, Seite 8

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Ein jeder Tag wird mir so lang.
Ach, wie so schwer die Nacht
Wenn ich sie wieder hingebracht
Traumlos und jesusbang.
 

Der Orgelton beim Abendmahl
Macht mir vor Leid die Wangen fahl
Und betend fall' ich nieder.
Wie duftet süß der Flieder
 

Wie lag das Land in Blüten weiß.
Mir ist bei Gott die Seele heiß
Ich bin so fremd geworden.
Ich hab' der Tage viel verweint,
Bin froh, wenn keine Sonne scheint
Bis an des Todes Pforten.
 

O, käm doch wer und trüge mich
Wohl in ein fernes Land,
Hast mir die Seele wundgebrannt
Ich wollt' dein Buhle schlüge dich.
 

Es steht ein Baum auf grüner Heid
Gar einsam in der Frühlingszeit,
Will träumen, will träumen,
Muß halt sein Glück versäumen.
 

Im Schlaf erschreckt mich dein Gesicht,
Es blinkt das scheue Morgenlicht
Ins Fenster meiner Kammer.
Ich krieche furchtsam aus dem Stroh
Und nehme des Erwachens froh
Die Kutte von der Klammer.
 

Wie liegt das Land in Blüten weiß,
Es kräht der Hahn, es springt die Gais
Wie müd' sind meine Hände!
Du weißt ja nicht, wie Liebe thut.
Oh hätt' ich nur ein Särglein gut
Damit ich Ruhe fände.